Courtney Barnett: Things Take Time, Take Time – Brilliant Album – 2021

Courtney Barnett: Things Take Time, Take Time – Album – Marathon Artists – 2021
Facts
Courtney Barnett

Artist: Courtney Barnett
Country of Origin: Australia
Title: Things Take Time, Take Time
Format: Album
Label: Marathon Artists
Release Date: 12. November 2021
Genre: Alternativ und Indie, Electronica, Pop
10 Tracks • 33m 58s

Hi-Res

Bei Qobuz verfügbar in Hi-Res
24-Bit / 96 kHz – Stereo

UK-Flag 42

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Review

Zufallsbekanntschaften. Über Instagram. Manchmal kommt was ganz Großes dabei raus. Wie bei Courtney Barnett, der australischen Singer/Songwriter*in. Vor ca. 6 Monaten wurde ich über Instagram auf Courtney Barnett aufmerksam, als sie mit dem Video „Rae Street“ ihr neues Album mit dem Titel Things Take Time, Take Time promoted hatte. Und dieser Track biss sich gleich in meinem Gehörgang fest und wollte da dann auch nicht mehr raus. Dabei gehörte das, was zu hören war, eigentlich gar nicht zu meinen aktuell vorherrschenden Musikgeschmack. Sicherlich habe ich ein Fable für Alternative/Indie Gitarren-Sounds, doch dies war von dem ganzen Electronica-Zeugs, dass ich mir reihenweise gezogen habe, vollkommen überlagert.

Aber Courtney legte meine alte Leidenschaft mit dem Rae Street-Video mit akribischer Feinarbeit und augenzwinkernd bissigem Humor und dem, was dann danach noch kommen sollte, sorgsam frei. Schaut Euch das Video an, und lasst Euch von dem schrägen Humor in Beschlag nehmen und lauscht den Lyrics. Es gibt keinen Künstler auf diesem geschundenen Planeten, der die kleinen individuellen Alltagstragödien mehr treffsicher, aber mit deutlicher Distanz und einer gewissen Beiläufigkeit, so geschickt rüberbringen kann. Das ist schlichtweg faszinierend.

Rae Street

„Es geht darum, das Leben zu akzeptieren – das Leben passiert, und du nimmst es an“, so sagt Courtney. „Die Welt ist so sinnlos und in vielerlei Hinsicht so beschissen, aber es gibt auch so viele schöne kleine Momente.“ Dieser Gedanke und die unausgesprochene Schlussfolgerung, dass uns die kleinen Alltags(all)gemeinheiten immer wieder auf uns selbst verweisen, ist im Album Things Take Time, Take Time fest verwoben.

Dieses Thema und wird schon früh mit Rae Street eingeführt, einem Track, der als eine weltmüde Bestandsaufnahme der von uns geschaffenen Welt angesehen werden kann. „Eines weiß ich: Die Sonne wird heute und morgen aufgehen. Doch wir haben noch einen langen, langen Weg vor uns,“ wie Courtney sagt.

Weiter ging es dann mit den Videos zu den Tracks Before You Gotta Go, Write a List of Things to Look Forward to, und vor allem If I Don’t Hear from You Tonight.

Before You Gotta Go

Before you gotta go (go, go, go) ist einer der Ankersongs auf dem Album. Einer von diesen unglaublich großartigen Songs, an denen Du für den Rest Deines Lebens nicht mehr vorbeikommen kannst. Das Video mag auf den ersten Blick „lustig“ erscheinen, oder auch schwarzhumorig. Aber: Wir versuchen zu hören, verstehen aber nichts, hören auch nichts. Weil wir dauernd das Große suchen und die kleinen feinen Untertöne gar nicht mehr hören können. Wollen.

Weil wir uns nur selbst zuhören. Weil wir uns verhören, permanent weghören, nicht zuhören und damit kleine, kleine, kleine Katastrophen anrichten – die ganz schön große, große, große Schäden anrichten, obwohl es auch ganz einfach anders und besser gehen könnte. Die Lyrics handeln von kaputten Beziehungen und dem Versuch, etwas zu akzeptieren und doch immer wieder zu versuchen, es wenigstens ein bisschen zusammen halten zu können.

Write a List of Things to Look Forward to

Write a List of Things to Look Forward to ist ein weiterer Schlüsseltrack auf dem Album.

Ich gebe Euch einfach mal die Übersetzung der Lyrics:

Niemand weiß, warum wir es immer wieder versuchen
Warum wir es immer wieder versuchen
Und so geht es weiter
Ich freue mich auf den nächsten Brief, den ich von dir bekommen werde
Ein Baby wird geboren, während ein Mann im Sterben liegt
Als ein Mann im Sterben lag
Und so geht es weiter
Ich freue mich auf den nächsten Brief, den ich von dir bekommen werde

Setz dich neben mich und sieh zu, wie die Welt brennt
Wir werden es nie lernen, wir verdienen keine schönen Dinge
Und wir werden selbstgerecht schreien
Wir haben unser Bestes getan, aber was bedeutet das wirklich?
Ich laufe herum, laufe herum
Mit gesenktem Kopf, mit gesenktem Kopf
Und ich schiebe es weg, schiebe es weg
Ja, ich schiebe mich weg, schiebe mich weg

Typisch für Courtney: Grundtrauriger Text, aber ein visuell positiv stimmendes Video, mit der Message, dass wir etwas voneinander brauchen, wenn man beispielsweise 1.000 km voneinander entfernt ist oder eine beschissene Pandemie es unmöglich macht, sich zu sehen. Wir brauchen etwas in diesen Zeiten voneinander, nämlich dass wir uns wechselseitig mitteilen, dass uns der andere wichtig ist, dass wir uns gegenseitig das Gefühl schenken, dass wir uns wertschätzen. Ganz unvermittelt, ohne Pathos. Dazu dann dieses Video, das optisch – trotz des eher traurigen Textes – genau das verdeutlicht, was wirklich wichtig ist.

Und last but not least:

If I Don’t Hear from You Tonight

Drei Mädels mit Bass, Gitarre und Schlagzeug stehen irgendwo in der Deep in the Middle of Nowhere-Wüste und spielen einen staubtrockenen Song: If I don’t Hear from You Tonight. Wieder ein klassischer Curfew Song, mit dem Thema oder besser der Frage, ob denn diese Zeit überhaupt eine gute Zeit ist, Dir zusagen, dass ich Dich sehr mag. Sich jemanden zu nähern, dabei unglaublich aufgeregt zu sein, ist derzeit mit der unglaublich großen Distanz zwischen uns, die der Weltlage geschuldet ist, nicht gerade eben leicht. Aber alles in allem ist If I Don’t Hear From You Tonight ein unglaublich guter Song, umgesetzt in ein Video, das auf der ganzen Linie zu überzeugen weiß.

Das Album „Things Take Time, Take Time“

Dinge brauchen ihre Zeit – nimm Dir die Zeit dafür: das scheint eine Lebensphilosophie von Courtney zu sein. Und auch von Stella Mozgawa, der Schlagzeugerin, die zudem eine langejährige Wegbegleiterin von Courtney und eine unheimlich gute Freundin ist, die die Stimmung des Albums ganz wesentlich beeinflusst hat. Doch davon später mehr.

Courtney Barnett: Things Take Time, Take Time

„Things Take Time, Take Time“ ist Courtneys drittes Album nach Tell Me How You Really Feel (2018) und dem Debutalbum Sometimes I Sit and Think, and Sometimes I Just Sit (2015). Doch auf den früheren Werken war Courtney Barnett lauter, energischer, oftmals auch zorniger und unerbittlicher – und dabei immer schier genial als Sängerin und Gitarristin.

Doch nachdem das zugegebenermaßen fantastische Album Tell Me How You Really Feel 2018 erschienen war und Courtney um die halbe Welt getourt war, stellte Courtney fest, „Fuck, ich häng‘ im Loch und fühl mich irgendwie ausgebrannt“.

Oft genug stellte sich zudem beim Komponieren neuer Songs das Gefühl ein, vor der großen imaginären Wand zu stehen, nicht weiterzukommen und negative Energie zu verspüren und zu versprühen. Doch Courtney′s Freundin Stella war mit im Studio und immer, wenn Courtney wieder vor der imaginären Wand stand, war Stella da, übernahm das Kommando und probierte dann völlig andere Herangehensweisen aus.

So zeigte Stella für Courtney Barnett neue Wege für auf, wie sie sich den Songs auf andere Weise nähern konnte. Daher könnt Ihr auch Stella’s Einfluss auf dem Album jederzeit raushören. Das neue Album wurde so sehr viel blumiger, leichter und – auf den ersten Blick – gefälliger.

Doch Courtney Barnett wäre nicht Courtney Barnett, wenn sie nicht ihre „So-Nicht-Mach-Es-Anders-Message“ in jedem Song platzieren würde. Doch diesmal geht sie das nicht mit lärmig sägender Gitarrenarbeit einher, sondern innerhalb sehr vertrackter Gesangsarrangements, mit gewagten, aber hoch spannenden Gesangslinien, die über die wie von Zauberhand über die luftig leichten Harmonielinien hinweg driften.

Courtney Barnett
© Mia Mala McDonald

Die Betonungen von Worten und Wortfetzen aus den Lyrics sind teilweise derart gegen den fließenden Strich gekämmt, dass es oftmals unmöglich erscheint, da auch nur ansatzweise mitsingend in den Chorus einzustimmen. Courtney Barnetts drittes Album hält sich im Vergleich zu den früheren Werken etwas mehr zurück, atmet tief durch und bittet dich darum, sich nicht auf die kleinen Dinge zu versteifen. Es ist ruhiger und dezenter, als du vielleicht von Courtney erwartest, auch Synthies werden in vielen Tracks überaus stimmig eingearbeitet.

Und wenn du das Album heute nicht so recht mögen solltest – obwohl du es wahrscheinlich lieben wirst – ist das nicht weiter schlimm; versuch es einfach morgen noch einmal. Die Dinge nehmen sich Zeit, also nimm dir auch du die Zeit, um das Album für dich zu erobern.

Die Tracks Before you Gotta Go und Turning Green werden sofort auch bei Dir – da bin ich sicher – präsent sein – und Du wirst davon in den nächsten Tagen davon nicht mehr loskommen. Du wirrst zunehmend neugieriger, das neue Album kennenzulernen, Du wirst zunehmend neugierig werden, Courtney und ihre Arbeit näher kennenzulernen.

Rating
  • Resolution: 24 Bit / 96 kHz
  • Höhen / Treble
  • Mitten / Mids
  • Bass
  • Räumlichkeit / Spaciality
  • Music
5

The Bottom Line (Max. 5 out of 5 Stars)

cover 800

 

Du wirst das neue Album Things Take Time, Take Time von Courtney Barnett lieben lernen, denn es ist überhaupt das Beste, was Du seit 2018 musikalisch zu hören bekommen hasst. Und Du wirst damit beginnen, Dir alle Videos, alle Alben und Konzertmitschnitte von Courtney der Reihe nach reinzupfeifen – und Du wirst Courtney lieben lernen. Zum Schluss wirst Du mir völlig überzeugt zustimmen, dass ab sofort ein Leben ohne Courtney unvorstellbar und irgendwie leer erscheint.

Auch die Klangqualität des Albums ist über jeden Zweifel erhaben. Bei Qobuz ist das Album in 24 Bit /96 kHz verfügbar, bei Apple Music (Streaming) sogar in Dolby Atmos und klingt über den gesamten Frequenzbereich exzellent.

Listen & Buy

Mein Test-Equiment:

Studio 1 (High End):

  • 2 x System Audio SA Mantra 50 (front)
  • 1x System Audio SA Mantra 10 AV (center)
  • 2x System Audio SA Legend 5 (Rear)
  • 1 x System Audio Saxo 10 (Subwoofer)
  • 4 x Onkyo SKH-410 (B) (Dolby Atmos)
  • Auralic Altair (Audio Streaming Client mit max. 32 Bit / 384 kHz)
  • NVIDIA Shield Pro mit Plex, Kodi (max 192 kHz für  Audio, Tidal (MQA Streaming Client)
  • AppleTV 4K (Streaming Client) Dolby Atmos, HDR, Dolby Vision
  • Amazon Cube 4K (Streaming Client) Dolby Atmos (restricted), HDR, Dolby Vision
  • Panasonic DP-UB9004 (4K UHD Player) Dolby Atmos, HDR, Dolby Vision
  • Oppo UDP-203 (4K Ultra HD Blu-ray Disc Player) Dolby Atmos, HDR, Dolby Vision
  • Yamaha CX-A5100 (Preamp) 4K, Dolby Atmos, Hi-res
  • Yamaha MX -A5000 (Power Amp)
  • Sony KD-55A1 (TV) 4K OLED, HDR, Dolby Vision

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